Pierre

Schon mal was von Pierre gehört? Nicht, ich auch nicht, bis ich dor­thin fuhr. Es ist die Haupt­stadt von South Dako­ta und South Dako­ta mag ich. Die größte Hürde für mich ist allerd­ings den Namen (und es wer­den noch andere fol­gen) englisch auszus­prechen und nicht franzö­sisch. Prairie du chien ist auch so ein Ort. Warum nen­nen sie es nicht ein­fach Prairiedog? Tja, man spürt, dass Fran­zosen hier waren. Und zwar bis 1803. Mit dem Louisiana-Pur­chase verkauften Napoleon ein riesiges Gebi­et von heuti­gen Louisana am Golf von Mexiko aus bis zur Gren­ze Kanadas und zwas alles was west­lich des Mis­sis­sip­pi lag. Und eigentlich woll­ten sie nur New Orleans kaufen. Napoleon erhoffte sich durch die Stärkung der USA, die Briten zu schwächen. Wahrschein­lich gab es noch eine ganze Menge ander­er Dinge. Doch eines wird klar, Napoleon ver­sprach sich von Ameri­ka nicht viel und wollte nicht an mehreren Fron­ten kämpfen.

Doch Pierre liegt nicht am Mis­sis­sip­pi son­dern am Mis­souri. Die bei­den haben mich ziem­lich über­rascht. Sie sind riesig. Der Mis­souri mün­det in den Mis­sis­sip­pi etwa 1300 km weit­er weg in St. Louis. Und eigentlich müsste der Mis­souri heißen, der ist dort der Größere. Um aber ganz kor­rekt zu sein, wäre es dann der Yel­low­stone Riv­er. Den haben wir doch schon gese­hen, damals in Yel­low­stone bei den riesi­gen Wasser­fällen. Aber die Donau heißt auch Donau und nicht Inn. So ist es mal. Nicht immer siegt der Größere. Und es braucht noch mal solange bis der Mis­sis­sip­pi den Golf erre­icht. 2.500 km von Pierre oder St. Cloud bis zur Mün­dung und da sind sie schon so breit.

Doch hier wie dort wer­den die Flüsse ges­taut. Die Oahe Talsperre wurde 1948 begonnen und 1962 von Kennedy eingewei­ht, es war die Zeit, in der man stolz auf die Zäh­mung der Natur und die Erzeu­gung von Strom um jeden Preis war. Das mit der Zäh­mung funk­tion­iert nicht immer so, wie sich die Men­schen das vorstellen.
Doch es war schön zu sehen, wie unter­halb der begrün­ten Stau­mauer der Fluss daran erin­nerte, wie er früher mal aus­ge­se­hen haben musste.

Hier blüht die Eselswolf­s­milch. Sie wurde im 19.Jahrhundert nach Ameri­ka gebracht und hat hier wenig Feinde. Wie alle Wolf­s­milchgewächse ist sie giftig. Und die Kühe mögen es nicht bzw. ver­tra­gen es nicht. Manch­mal denke ich, wis­sen wir viel zu wenig von diesen inva­siv­en Arten. Wie anders würde es ausse­hen? Obst­bäume aus dem Nahen Osten, Kartof­fel, Mais, Kür­bis und Tomat­en sind die, die wir mögen. Wan­der­rat­te und chi­ne­sis­ch­er Marienkäfer, Mück­e­narten sind lange nicht so begehrt.

Von Wyoming nach South Dakota

mg_9389-001Die Natur war gnädig zu mir. Nach­dem ich mich am Vortag bemühte, meine Augen nicht zu reiben und abends meinem schmerzen­den Knöchel einen kalten Umschlag ver­passte, reg­nete es heute und nichts schmerzte mehr. Das war eine tolle Über­raschung und der Auf­bruch, tat mir ein wenig leid, da ich mit Tom gern mehr gesprochen hätte.

Tom war um 5 Uhr aufge­brochen und so sagte nur der Hund Abschied, so schüchtern er am Vortag war, so treu war er jetzt.

Als ich meinen Ruck­sack ins Auto warf, sah ich eine Maus flitzen. Wie kam die Kleine nur  auf die Idee, sich in mein Auto zu verkriechen? Es war ein reg­ner­isch­er Tag, aber das ist kein Grund sich in ein Gefäng­nis zu begeben, aus dem man nicht mehr entkommt.

Beim näch­sten Stop räumte ich das gesamte Auto aus, und stellte fest, sie hat­te begonnen ein Nest zu bauen, knab­berte an Dosendeck­el, hat­te ver­schlossene Pastikver­pack­un­gen geöffnet. Lei­der schaffte sie den Weg hin­aus nicht mehr. Ich fand sie später tot im Auto und beschloss sie an einem guten Platz der Natur zurückzubringen.


Ein Abfall­eimer ist kein guter Platz. Ich habe schon vorher beschlossen noch ein­mal bei Bear Butte vor­beizuschauen. Dort liegt sie nun unter einem schö­nen Baum.

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Viecha

mg_7622Das erste Tier, dem ich begeg­nete, war ein Kojote. Ich weiß nicht, ob er sein Revi­er erweit­erte, oder ob er nicht recht wusste, was tun, denn am Straßen­rand lag ein Kadav­er eines anderen Kojoten, über den sich ger­ade ein Adler und später ein Rabe her­ma­cht­en. Nor­maler­weise sind sie Einzel­gänger, aber Früh­ling ist auch die Zeit, wo sich 2 zusam­men­tun, wer weiß. (Die roman­tis­che Vari­ante, dass hier ein­er trauert, war natür­lich die erste, die mir kam.

Die erste Elchkuh, die ich sah, schaute mich min­destens genau­so ver­wun­dert an wie ich sie. Ein Foto? Keine Zeit, ich musste staunen. Alle weit­eren waren weit weg,
mg_9363-001bis jet­zt schaffte ich es nicht, noch ein­mal einem näher zu kom­men.  Diese hier war sehr weit weg und erst als ich das Bild am Com­put­er ver­größerte, war ich mir sich­er einen Elch gese­hen zu haben.

Am Bear Butte sah ich ein Murmelti­er und ich fürchte, es war krank, denn es hat­te sich in der Nähe der Toi­let­ten häus­lich ein­gerichtet, die Nase zeigte viele Geschwüre.
mg_8282Doch wir bei­de beobachteten uns gegen­seit­ig in aller Ruhe und kein­er ver­suchte den anderen zu stressen. Ein Leben miteinan­der in Stille und Frieden.

Ver­wandte der Murmeltiere sind die Präriehunde, die nicht von allen geliebt wer­den. Sie bauen unterirdis­che Baut­en — manche sprechen von ganzen Städten — und wenn wilde Reit­er ein Pferd durch die Gegend jagen, kann es sein, dass sich das Pferd ver­let­zt. Ohne den Reit­er würde dies nicht passieren.
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Die Ziesel aus Mam­moth Hot Springs gehören übri­gens zur gle­ichen Fam­i­lie. Es han­delt sich um Nagetiere, so wie Streifen­hörnchen, bess­er bekan­nt als A- und B‑Hörnchen, zumin­d­est bei jenen, die Micky Mouse als Kinder lasen.
mg_9316Streifen­hörnchen oder Chip­munks habe ich bis­lang über­all gese­hen, ob das mit­ten in Madi­son war oder in Kali­fornien, dieses hier war in 3000m Höhe in den Bighorn Mountains.

Das bringt mich zu den Bighorn Sheep. Bevor ich noch von diesem hörte, wusste ich zumin­d­est, dass es sich nicht um eine Moun­tain Goat han­delte, wie eine andere Besucherin in den Bad­lands von South Dako­ta meinte, als sie in der Ferne auf einem Berg die Sil­hou­ette sah.
mg_8349-001Es war das erste Dick­horn­schaf, das ich sah und eigentlich kann ich mich nicht entsin­nen, von einem solchen gehört zu haben. Ich dachte zuerst mal an einen Stein­bock. Das erste war weit weg, das näch­ste allerd­ings ging an meinem Auto vor­bei, so nah, dass ich zuerst nur schauen kon­nte, die Großauf­nahme von seinem Hin­tern erspar ich euch, aber eine Auf­nahme des ganzen Schafes von hin­ten darf sein. Wilde Schafe in Europa sind seit 3000 Jahren ausgestorben.mg_8353

Die Wapi­ti-Hirschkuh ist ver­hält­nis­mäßig klein, denn der Hirsch ist richtig riesig. Wichtig für uns Deutschsprechen­den ist der Name. Unter Wapi­ti­hirsch ken­nen wir ihn, so kann er auch in den USA genan­nt wer­den, doch meist wird er Elk genan­nt, während die Briten den Elch, so wie wir, ‘elk’  nen­nen. Wapi­ti bedeutet weißes Hin­terteil, die Shawnee nan­nten ihn so.

Wapiti-Reh
Wapi­ti-Reh

Und da waren Tiere, da ergab sich der Name von selb­st, die Long­horns. Klar ken­nt man die aus West­ern, doch achte ich auf irgendwelche Rind­viech­er die irgend­wo rumlaufen?

Wie lange die Hörn­er diese Long­horns sind, wurde mir erst klar, als ich sie selb­st sah.
Die Adler und Falken, die Gänse und Geier, die zahlre­ichen Raben will ich dieses Mal nur erwäh­nen, ich sah sie fliegen und bewun­derte sie. In Cody sah ich noch einen Truthah­ngeier, über den ich auch einen Vor­trag am Dev­ils Tow­er hörte. Sie gehören zur Gesund­heit­spolizei in der amerikanis­chen Tier­welt und eigentlich sieht man sie über­all. Ich hat­te sie anfangs nicht immer erkan­nt, nach ein paar Wochen war mir klar, wie oft ich sie über mir schweben sah.

Longhorn
Long­horn

Auf eine nähere Begeg­nung mit einem Bald Eagle, dem Weis­skopf­seeadler, musste ich lange warten, doch ein­mal startete ein­er direkt von einem Baum, an dem ich ger­ade vor­beig­ing. Ich blick­te nur nach oben, weil es sich anhört, als ob etwas riesiges herun­ter­stürzt. Doch er hob nur ab und flog in einem großen Bogen weg.

Die Büf­fel dür­fen heute den Abschluss bilden. Der eine, der so ger­ade in meine Augen schaut, hat in Yel­low­stone einen Holzsteg ger­ade vor mir über­quert. Wir Men­schen sind sehr respek­tvoll ste­hen geblieben, wer weiß, ob er nochmal kehrt macht. Die Büf­fel in Yel­low­stone machen mir Freude, sie spazieren auf der Straße und wir haben Nachrang. Recht so!

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Weiter in den Wilden Westen

Ich hat­te diese Reise nicht geplant und war ges­pan­nt, wohin es mich trieb.

Inzwis­chen ist mir klar, dass es mich in den West­en zog. Yel­low­stone, der erste Nation­al­park der Welt, sollte mein Ziel sein. Doch was mich faszinierte, war die Tat­sache, dass Yel­low­stone sehr weit weg war. Deshalb kam es mir zuerst auch nicht in den Sinn. Erst als ich in den Black Hills war, dachte ich, jet­zt ist es auch schon egal, so nah war ich noch nie. Pelzjäger und Gold­such­er ver­sucht­en im 19 Jahrhun­dert vere­inzelt in das Gebi­et vorzu­drin­gen, ihre Berichte allerd­ings wur­den ignori­ert. Zu selt­sam klan­gen ihre Berichte, Jäger­latein, “Pelzjäger­latein”.

Erst 1869 kam es zu ein­er erfol­gre­ichen Expe­di­tion geführt von einem Geolo­gen und 1872 wurde das Gebi­et zum Nation­al­park erk­lärt. Das war nicht von Umwelt­be­wusst­sein getrieben, son­dern von der North­ern Pacif­ic Rail­road.  Sie erhofften sich eine bessere Aus­las­tung, puschte in die Rich­tung und Präsi­dent Ulysses S. Grant dachte, einen Erhol­ungspark wäre nicht schlecht. Die Natur bot ein Gratistheater._MG_8726

Doch vor­erst musste ich mal dor­thin und zwar viel beque­mer als vor 150 Jahren. Ich musste die Weit­en der Great Plains über­queren. Ich hat­te immer nur an Ebe­nen gedacht, doch eigentlich geht es stetig auf und ab, doch mehr auf als ab. Je weit­er man in den West­en kommt, um so eher begeg­net einem Täler, die sich ins Land eingeschnit­ten haben und tiefe Risse im Land hin­ter­ließen, so wie die Bad­lands in South Dako­ta. Bad­lands gibt es mehr. Im Win­ter pfeifen kalte Winde über das Land und im Som­mer trock­nen sie das Land aus. Durch die tiefen Wurzel­sys­teme der Gräs­er wird der Boden fest­ge­hal­ten. Ist hier kein Wider­stand, bläst er unerbärmlich. _MG_8742

Für uns heute ist es kein Prob­lem, ich habe mein Wass­er mit und bin froh, dass mich der Wind von der Hitze ablenkt. Und die Air­con­di­tion­ing des Autos ist nicht zu ver­acht­en. Doch früher musste sicher­lich nach Flusstälern Auss­chau gehal­ten wer­den, die hier, wie in anderen Wüstenge­bi­eten, durch die Bau­malleen erkennbar sind. Doch mit Plan­wa­gen, die von 2 und mehr Ochsen gezo­gen wer­den, über diese Hügel zu marschieren mit allem Hab und Gut, erzählt nicht nur etwas vom Pio­niergeist, son­dern eigentlich auch von der Verzwei­flung armer Leute, die nichts zu ver­lieren hatten.

Heute nen­nen wir sie Wirtschafts­flüchtlinge. Den Druck auf jene Men­schen, die bere­its hier lebten, will ich nicht vergessen, davon später. Dieses Land war immer schwierig zu bewirtschaften. Es war kein Paradies und die heuti­gen Ein­wohn­erzahlen erzählen davon._MG_8745

Etwas, was ich anfangs total überse­hen hat­te, war, dass es stets bergauf ging. Die Ebe­nen und Hügel befind­en sich schon über 1000m Höhe. Die Sonne ist inten­siv­er, das begriff ich mit dem ersten Son­nen­brand. (Inzwis­chen schmiere ich mir den Son­nen­schutz­fak­tor 50 alle 2 Stun­den ins Gesicht, die Botox-Lip­pen erzählen von ihren Qualen).

Das Gras hält den Boden. Und manch­mal durch­fuhr es mich, hier fehlt etwas. Es waren die Büf­fel­her­den, die über diese Weit­en zogen. Doch irgend­wann begin­nt sich die Land­schaft zu ändern, die Höhe macht sich bemerk­bar. Die weit­en Gras­flächen wer­den von Sage­brush abgelöst, die anfangs vere­inzelt und schließlich weite Hügel über­zo­gen. Hier im Vorder­grund siehst du den Wüsten-Bei­fuß. Der Name Sage und auch seine weiß­grü­nen Blät­ter ließen mich an Sal­bei denken, doch dieser Busch wird bis zu 3m hoch, wenn er genug Wass­er hat. Der Wüsten­sal­bei ist nicht mit dem Sal­bei ver­wandt, eben­so wenig wie der Prairie-Sage, bei­de gehören in die Fam­i­lie des Bei­fuß.  Im Hin­ter­grund tauchen die ersten Konifer­en auf, Pinien, die sich dunkel wie in den Black Hills, abzeichnen.

Und wieder Berge, von denen ich noch nie etwas gehört habe, die Bighorn Moun­tains. Und begleit­et von Hin­weiss­childern, die mir von dem großen Alter, der hier gefun­de­nen Steinen erzählen, geht es aufwärts. Auch wenn ich jet­zt nichts in Wikipedia finde, da waren Schilder, die auf Präkam­brische Steine, 2,9 Mil­liar­den Jahre alt, hin­wiesen. Das ist ver­dammt alt._MG_8674 Unsere ältesten im Wald­vier­tel sind rund eine Mil­liarde Jahre alt: der Bittesch­er Gneis.

Ich gebe zu, auss­chauen tun sie ähn­lich, sie sind auch alle zusam­men ähn­lich ent­standen, als Tiefengestein, denn es ist tief im Inneren der Erde unter hohem Druck und hohen Tem­per­a­turen geschmolzen. Dieser Prozeß wird Meta­mor­phose genan­nt. Ich weiß, dass klingt alles so weit weg.

Doch Bezug dazu habe ich gewon­nen, seit ich mir einige Eck­dat­en gemerkt habe. Unsere Erde ist ca 4,6 Mil­liar­den Jahre alt. Damals war es ein­fach zu heiß, alles war geschmolzen, die Erde musste erst­mal etwas abkühlen. Doch schon 0,3 Mil­liar­den Jahre später umschloßen Gneise Zirkone. Zirkone schauen aus wie Dia­man­ten, nur gibt es sie viel öfter, und so wer­den sie als bil­liger Ersatz bei Mod­e­schmuck ver­wen­det, aber sie sind oft diejeni­gen, die das Alter umgeben­der Steine ver­rat­en. In Kana­da und Grön­land aber auch in anderen Kra­to­nen (das sind alte erste Trüm­mer, die den Kern unser­er Kon­ti­nente bilde­ten) find­et man sie. Der Zer­fall von Uran in ihnen ver­rät ihr Alter. Wenn ich das nicht gewusst hätte, würde mich der Hin­weis nicht beein­druckt haben.

Das Beck­en des Bighorn-Riv­er tren­nt diese Berge von den Rocky Moun­tains, auch wenn sie geol­o­gisch zusam­menge­hören. Dass ich über einen Pass fahren sollte, der knapp 400m höher als unser Groß­glock­n­er liegt, ahnte ich nicht. Der Pow­der Riv­er Pass liegt rund 2946m hoch (der Pass des Groß­glock­n­ers 2576m).

Und damit beschließe ich meinen heuti­gen Unter­richt 🙂 Abschließend ein paar Bilder von altem meta­mor­phem Gestein und Sed­i­ment­gestein, das leicht durch die sicht­baren Schicht­en zu iden­ti­fizieren ist. Dazwis­chen zit­tern ein paar Espen vor Ehrfurcht.

Blackhills

Nichts kann den Namen der Black Hills bess­er beschreiben als ein Bild der­sel­ben.
_MG_8488Die dun­klen Wälder der Pon­derosa-Pine zeich­nen sich schon von weit­em als dun­kle Hügel ab. So war es nicht nur für mich oder die ersten Europäer, auch die Sioux nan­nten sie so. Sel­ten sind sich Leute über die Beze­ich­nung ein­er Land­schaft so einig gewesen.

Ich fürchte, ich habe in Geo­gra­phie nie wirk­lich gut aufgepasst, son­st wäre ich nicht laufend so über­rascht über die Gebi­ete, die ich besuche. Great Plains, Prairie und ich hat­te keine Ahnung, dass sich mit­ten drin ein paar Hügel befind­en. Ich hat­te keine Ahnung, wo Mount Rush­more sein sollte. Die Präsi­den­ten sind hier. Aber davon später.

Ich wollte das alles in einen Rah­men brin­gen, um die Zusam­men­hänge zu ver­ste­hen. Leicht wurde es mir nicht gemacht, es hat eine Weile gebraucht, bis ich ein grobes Bild hat­te. Inzwis­chen hat­te ich her­aus­ge­fun­den, dass die Asche in den Bad­lands von Vulka­nen stammt, die schon längst ver­schwun­den sind, deren Brüder und Schwest­ern, wie Bear Butte und Dev­ils Tow­er, noch an sie erin­nern. Diese Lakkolithe — also Vulka­ne, die es nicht zur Ober­fläche schafften, als sie als Mag­ma von Inneren der Erd­kruste ver­sucht­en nach Oben durchzu­drin­gen — sind beson­dere Berge, heilige Plätze. Sie sind Teil der Black Hills, doch der ganze Gebirgszug gilt als heilig, a sacred place. Ich hätte mich jet­zt gemütlich zurück­lehnen kön­nen und es damit belassen, doch es ließ mir keine Ruhe. Ich wusste, sie sind etwas beson­deres und da ich zwar nichts gegen Glauben habe, aber auch nichts gegen Wis­senschaft, wollte ich es mir genauer anschauen.

Natür­lich ist alles viel kom­pliziert­er, wie alles, was ich bis­lang in der Geolo­gie gefun­den habe. Aber das Prinzip kann ich trotz­dem
_MG_8628rauskitzeln. Bei den Black Hills han­delt es sich um ein Ter­ran. Noch nie gehört davon? Ich auch nicht. Es ist ein Krusten­block, also ein Teil der Erd­kruste, den es durch Ver­schiebun­gen an einen Kon­ti­nent ange­lagert hat (Klingt wie ein Größen­prob­lem, da bei­de Teile doch ein­fach Erd­kruste sind). Und dann wird das noch ein wenig über Jahrmil­lio­nen gemis­cht und gedrückt und der Block sitzt wie eine Insel auf dem Kon­ti­nent. Wenn man die geol­o­gis­chen Struk­turen anschaut, sieht es auch aus wie eine Insel (also jene Karten in den Atlanten, von denen ich nie wusste, was ich damit anfan­gen sollte).

Ein Teil davon ist aus ural­tem Gran­it 1.800 — 2.800 Mil­lio­nen Jahre alt. Mag­ma­tis­ches Tiefengestein: Gran­it, Gneise, Schiefer, wie in Teilen der Zen­tralalpen. Nur sind die Gesteine der Alpen “erst” 160 Mil­lio­nen Jahre alt. Irgend­wie sieht man diesen Bergen an, dass der Zahn der Zeit an ihnen genagt hat. Da war ein mal ein Meer darüber, Sed­i­ment- und Kalkgestein weisen darauf hin, doch an den Gipfeln sind diese “weicheren” Gesteine abge­tra­gen, sie find­et man eher an den Rän­dern. Aus diesem Grunde gibt es auch Höh­len­sys­teme in den Black Hills.

Das alte Gestein ragt also wie eine Insel aus dem umgeben­den her­aus. Um sich die Macht der sich bewe­gen­den Massen vorzustellen, sind diese ver­schiede­nen Zonen teil­weise bis zu 90° gedreht. Die Geolo­gen hauen dann noch mit Beze­ich­nun­gen ver­schieden­er For­ma­tio­nen herum (ver­rat­en aber nicht gle­ich, wann sie waren, son­dern schreiben ein­fach Paläo­zoikum, und ich muss wieder nach­schauen. Es ist der winzige Zeitraum zwis­chen der Entste­hung der ersten mehrzel­li­gen Wesen und der Zeit der Rep­tilien. 540–240 Mil­lio­nen Jahren, am Ende ent­stand der Superkon­ti­nent Pangäa). Und die jüng­sten Teile stim­men mit der Ober­fläche der Great Plains überein.

Die Graphik im Muse­um war detail­re­ich­er und kom­pliziert­er, ist mir allerd­ings egal, ich wollte das Prinzip ver­ste­hen.
Ein Krus­ten­teil hat sich über einen Kon­ti­nent ver­schoben und zwar vor ewigen Zeiten.

Dann gab es Meere und Sed­i­mente haben sich abge­lagert, als sich dann diese Insel zu heben begann (und jet­zt erlaube ich mir frech eine Inter­pre­ta­tion, der ich noch nicht nachge­hen kon­nte: kön­nte es nicht auch vor 30 Mil­lio­nen Jahren gewe­sen sein, als Vulka­ne (ein Zeichen, dass weit­er unten eine Par­ty abge­ht) Asche auf die späteren Bad­lands ausspuckten.)

Die Black Hills sind also anständig alte Berge, viel älter als die Appalachen, die während der variszis­chen Gebirgs­bil­dung gehoben (400–250 Mil­lio­nen Jahre) wur­den. Wir ken­nen es von der Böh­mis­che Masse, dem franzö­sis­chen Zen­tral­mas­siv, dem Spes­sart oder Harz. Und die gel­ten bei uns als sehr alte Berge.

Es war eine müh­selige Sucherei und Leserei, aber jet­zt bin ich zufrieden. Diese Hügel sind nicht ein­fach nur Hügel, sie sind ver­dammt alte Hügel — leicht 5x älter als jene, die wir in Öster­re­ich alt nen­nen — und ver­di­enen es acht­sam behan­delt zu wer­den. Es ist meine ratio­nale Erk­lärung, warum viele ver­schiedene Stämme der First Nations diese Berge als einen Heili­gen Ort anse­hen. Es ist wie eine Verbindung zu unseren Vor­vor­vor­fahren, die sich gegen alle Ver­wit­terung, Verän­derung, Auflö­sung stell­ten und uns daran erin­nern, woher wir kom­men. Ich ver­ste­he jet­zt, warum dies ein sacred place ist. Es mag selt­sam erklin­gen, es muss nicht immer eso­ter­isch sein, wenn Men­schen etwas beson­ders find­en. Manch­mal ist es ein­fach etwas sehr Spezielles.